News-Magazin des GWP Kunststofflabors

Für das Auge erkennbare „Schlieren“ auf Polyamid-Spritzgussbauteilen für die Wälzlagerindustrie beeinträchtigen die Funktion und sind optisch störend. Einfache Labor-Untersuchungen zeigen, dass die Schlieren auf den Bauteilen nicht kompakt sind und damit keine Verbrennungsschlieren oder Fremdeinschlüsse sein können. Sie stammen von Lufteinschlüssen im Material, die dann als Schlieren in Oberflächennähe erscheinen.

Das GWP-Kunststofflabor erhielt vom Kunden zwei Distanzrollen aus PA 66, bei denen Schlieren an der Oberfläche zu erkennen sind.
Auftragsgemäß soll die Art und Herkunft der Schlieren analysiert werden.
Die beiden Teile wurden zunächst makroskopisch doku¬men¬tiert.
Zur Analyse der Schieren wurden die Bereiche mit einem Skalpell eingeschnitten (Gitterschnitt). Anschließend wurde auf die Bereiche fluoreszierendes Farbeindringmittel aufgebracht und geeignet abgereinigt.
Im UV Licht können die Bereiche, in denen das Mittel in das Bauteil eingedrungen ist, gut sichtbar gemacht werden.
Das Farbeindringmittel konnte vom Schnitt ausgehend seitlich in den Bereich der Schlieren eindringen. Das bedeutet, dass die Schliere nicht kompakt ist, sondern einen Hohlraum darstellt, der nach außen hin optisch heller erscheint.

Experten-Bewertung
•    Schlieren entstehen meist durch viskositätsbedingte Unterschiede des Materials während des Formfüllvorganges. Der Viskositätsunterschied kann verschiedene Ursachen haben. Bei Blends, wie z. B. ABS/PC, sind es die unterschiedlichen Materialien mit unterschiedlichen Fließeigenschaften, die bei längeren Fließwegen meist zu Schlieren führen. Füllstoffe führen zu ähnlichen Unterschieden mit den gleichen optischen Fehlern.
•    Schlieren und Farbunterschiede können auch durch thermische Schädigung der Kunststoffmasse entstehen. Ursache hierfür sind zu hohe Verarbeitungs-temperaturen, die über zu hohe Scherung und Friktion des Materials während des Füllvorganges oder zu große Temperaturschwankung der beheizten Zonen oder Verweilzeiten im Materialfluss entstehen.
•    Feuchtigkeitsschlieren entstehen oft angussnah und lassen sich durch prozesssichere Vortrocknung vermeiden.
•    Allen diesen Schadensbildern gemeinsam ist, die Kompaktheit der betroffenen Stellen.
•    Hohlräume, wie Lunker und Vakuolen, entstehen in der Regel bei dickwandigen Bauteilen. Diese Hohlräume finden sich normalerweise in der Mitte der Wanddicke und werden bisweilen auch bewusst zur Gewichtsersparnis  erzeugt (Gasinnendruck oder Wasserinjektion).
•    Schlieren und Fehlstellen entstehen auch oft, wenn – geometrisch bedingt – die Luft im Werkzeug von der Masse umschlossen wird und nicht mehr entweichen kann. In diesem Fällen treten auch Verbrennungen der Masse an den Grenzflächen auf (sog. Brenner).
•    Die im vorliegenden Fall entstandenen sehr kleinen Blasen rühren ebenfalls von der Inhomogenität der Masse her. Während des Aufschmelzens der Granulatkörner konnte die Luft, die entweder zwischen den Körnern eingeschlossen wurde, oder im Korn selbst enthalten war, nicht mehr den Massezylinder verlassen. Auch während des Spritzvorganges konnte die eingeschlossene Luft nicht an der Werkzeug-
trennung bzw. Entlüftung entweichen.
•    Zur Reduzierung dieses Effektes sollte die Dosierzeit möglichst lange sein, ggf. kann mit einer Verschlussdüse die Zeit noch weiter verlängert werden.
•    Die Entlüftung des Werkzeuges kann ggf. an den Rippen verbessert werden.
•    Die Geometrie der Teile bedingt relativ starke Masseanhäufungen sowie viele Bindenähte, vorrangig im Rippenbereich. Diese beiden Effekte erzeugen viele potentielle Lufteinschlüsse.
•    Zur Verbesserung der Wanddickenverhältnisse und Vergrößerung der Kugelanlageflächen ist evtl. denkbar, die Bauteile zweiteilig auszuführen und anschließend zusammen zu schweißen. Damit könnte bei mittiger Anspritzung jegliche Bindenaht vermieden werden. Als Schweißverfahren kommen Ultraschall-schweißen, Rotationsreibschweißen oder Heizelementschweißen, evtl. auch Laserschweißen in Frage.

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